Nicht zuletzt durch Corona haben sich die Fragen bezüglich der Urlaubsansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Vergangenheit gehäuft. Gerade jetzt im ersten Quartal 2022 werden vermehrt Fragen zu Verfall und Abgeltung von Urlaubsansprüchen in der Personalverwaltung gestellt.
Rechtsprechung
Wussten Sie, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Kalenderjahr 2019 hierzu eine wichtige Entscheidung getroffen hat? Achten Sie als Arbeitgeberin und Arbeitgeber darauf, dass Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Urlaub auch tatsächlich nehmen?
Vor 2019 war dies relativ egal. Wer seinen Urlaub nicht in Anspruch nahm, riskierte, dass am Jahresende der Urlaubsanspruch verfiel. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mussten initiativ werden, um die Ansprüche entsprechend einzufordern.
Initiative liegt beim Arbeitgeber
Mit der neueren Rechtsprechung des BAG werden die Unternehmen beauftragt, bezüglich der Urlaubsnutzung die Initiative zu ergreifen. Es gibt eine neue Rollenverteilung. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub erlischt jetzt nur dann am Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Eindeutige Aufforderung entscheidend
Der Arbeitgeber muss daher nun sogenannte Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruches des Arbeitnehmers erfüllen. Geschieht dies nicht, kann es zu einer andauernden Ansammlung von Urlaubsansprüchen kommen. Arbeitgeber haben den Arbeitnehmer nunmehr aufzufordern, den Urlaub zu nehmen und ihm dabei klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt. Dies gilt auch für den Fall der Arbeitsunfähigkeit. Wie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dieser neuen Verpflichtung nachkommen, bleibt ihnen überlassen. Die Beweislast liegt bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.
Anspruch für Teilzeitbeschäftigte
In Deutschland arbeiten immer mehr Menschen in Teilzeit. Nach aktuellen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten bereits über 40 % aller Arbeitnehmer in Teilzeit. Im Bundesurlaubsgesetz ist der Anspruch auf bezahlten Urlaub von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte – gesetzlich geregelt und entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens einen Monat besteht.
Nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf sämtliche vereinbarte Urlaubstage. Teilzeitbeschäftigte arbeiten nur einen Teil der wöchentlichen Arbeitszeit. Dies hat zur Folge, dass Teilzeitkräfte auch weniger Urlaubsanspruch haben, der sich auf die geleisteten Arbeitstage bezieht.
Besonderheit Kurzarbeit
Durch Corona sind wir in der Vergangenheit in vielen Branchen verstärkt mit der Kurzarbeit Null konfrontiert worden. Für die Zeiträume, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund konjunktureller Kurzarbeit keine Arbeitspflicht haben, ist der jährliche Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen. Die Kurzarbeit bedingt allgemein eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Die Vereinbarung einer Kurzarbeit Null bedeutet eine vorübergehende Aufhebung der Arbeitspflicht. Während der Dauer dieser Vereinbarung muss der betreffende Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringen. Folglich muss eine Kürzung und Umrechnung des jahresbezogenen Urlaubsanspruches erfolgen.
Altersteilzeit
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden, erwerben mangels Arbeitspflicht keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Erfolgt der Wechsel von der Arbeits- zur Freistellungsphase im Verlauf eines Kalenderjahres, ist der gesetzliche Urlaubsanspruch anteilig zu berechnen. Die Freistellungsphase wird bei der Berechnung mit null Arbeitstagen in Ansatz gebracht.
Elternzeit
Die Elternzeit bewirkt ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Die Leistungspflichten beider Vertragsparteien sind aufgehoben. Dennoch können Urlaubsansprüche entstehen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die Möglichkeit, den Erholungsanspruch, der den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. Hierbei müssen Sie als Unternehmerinnen und Unternehmer darauf achten, dass Sie aktiv die Kürzungsbefugnis ausüben. Es handelt sich hierbei um eine Erklärung, die den Arbeitnehmern nachweislich zugehen muss. Wurde der Urlaub demgemäß nicht rechtzeitig gekürzt, verliert der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht.